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helferlein und techno-sklave: der personal service robot

Der Mensch, der sich im Alltag ausschließlich zwischen PC und Eiskasten bewegt, hat zwei Bilder von Robotern. Erstens: der Fließbandroboter, der im Prinzip nur aus einem Greifarm besteht, und irgendwelche Autos zusammenschweißt oder Platinen bestückt. Menschenleere Fabriken - bei einem derartigen Anblick stellt sich auch keine emotionale Bindung zu zu dieser Ausgeburt von Hochtechnologie ein. Ganz anders ist die Situation in ScienceFiction-Filmen: der gutmütige, aber leicht tölpelhafte R zwo D zwo aus Starwars, oder sein depressive Kollege Marvin aus Hitchhikers Guide to the Galaxy. Autonome Roboter, deren Existenzberechtigung darin liegt, den Menschen von lästigen Alltagsarbeiten zu befreien. Aber das ist Fiktion.


Was nichts daran ändert, daß der Traum von der stummen, aber leistungsfähigen Putzfrau im Metallgehäuse weit verbreitet ist. Bis hin zu Entwicklern und Herstellern. Schließlich würde die Realisierung dieses Traums ganz neue Märkte öffnen und für volle Auftagsbücher sorgen. Kein Wunder also, daß die Entwicklung von intelligenten autonomen Robotern forciert wird.


Es fällt schwer, das Lächeln zu unterdrücken, wenn die Rede auf die roboterisierte Krankenschwester kommt. Es gäbe sie schon längst, wenn Krankenschwestern nichts anderes tun müßten, als die Tür zum Medikamentenschrank auf- und zuzumachen. Denn das können schon viele Prototypen. Oder den Deckel einer Kiste öffnen. Wobei sie ungefähr zehnmal so lang brauchen wie ihr Vorbild. Und eine banale Türschwelle oder eine anderer Griff wird zum unüberwindbaren Hindernis. Von "Intelligenz" kann bei den wenigsten Prototypen die Rede sein.


Ein weiterer Schritt in Richtung "digitales Helferlein" ist die Entwicklung der sogenannten "human robot interfaces". Vorzeigen - Nachmachen. Die großen Blech-Ungetüme lernen beim Zuschauen. Allerdings steckt diese Entwicklung erst in den Kinderschuhen. Es braucht einige Vorzeige-Aktionen, bevor der Roboter den Arbeitsgang begreift. Und nach zehn Vorführungen kannn er einen Bolzen in ein Loch einsetzen - im Zeitlupentempo natürlich. All das ist aber keine ScienceFiction. Die beginnt erst dort, wo kleine "R2D2s" oder "Marvins" herumschwirren und Hausarbeiten oder ähnliches erledigen. In TechSprech - "Personal Service Robots".


Das ist wieder ScienceFiction. Denn die Entwicklung der Roboter ist derzeit noch so teuer, daß nur wenige Prototypen hergestellt werden können. Das aufwendigste am stummen Diener ist die Sensorik. Kleine Kameras liefern die Signale für die Mustererkennung, damit Türen oder bewegte Hindernisse wie zum Beispiel die Besitzer registriert werden können. Allein dafür muß die Rechenleistung enorm hoch sein. Drucksensoren für Greifarme funktionieren mitterweile gut genug, um eingesetzt zu werden. Aber bis ein Roboter einen Zimmerbrand von einem Schweinsbraten im Rohr unterscheiden kann, werden noch einige Jahrzehnte vergehen. Ein paar solcher Haushaltshilfen wurden schon entwickelt. Einsatz unter Vorbehalt.


Hausarbeit scheint überhaupt eine eine enorme Herausforderung für Roboter darzustellen. Ende 1994 gab es einen internatinalen Wettbewerb für autonome Roboter in Seattle. Aufgabe: in einem Büro sollten sie Papierknäul und verbeulte Coladosen vom Boden entfernen und der Entsorgung im Papierkorb zuführen. Das Ergebnis gleich vorweg: die Roboter waren lang nicht so kreativ wie ihre Namen. Weder Derwisch, Rhino, Erratic oder Clementine schafften es. Manche waren zu klein, um mit ihren Ärmchen über die Mistkübelkante zu reichen. Andere wieder hatten massive Probleme mit einer blauen Tischdecke, die sie chronisch für einen schwarzen Mistkübel hielten. Auch energische Zurufe aus dem Publikum konnten sie nicht vom Gegenteil überzeugen. Auch Mentalitätsunterschiede waren bemerkbar: der deutsche Kandidat "Rhino" putzte alle Räume ein bißchen, während sein amerikanischer Kollege einen Raum vollständig säuberte und sich damit zufrieden gab. Auf solchen Wettbewerben wird aber nicht nur geputzt, sondern - vielleicht zum Ausgleich - auch Sport betrieben. Die dritte Kategorie von Wettbewerben hat eindeutig zerstörerischen Charakter. Bei Robo-Fights geht es eigentlich nur darum, seine mechanischen Gegner zu zerstören: mit Trennscheiben, Bohrern und ähnlichem.


Die militärische Verwendung von Robotern ist möglich, wird aber noch nicht eingesetzt. Vielleicht scheitern sie noch an der zweifelsfreien Erkennung von Freund und Feind. Am zivilen, friedlichen Sektor werden einstweilen "human robot interfaces" entwickelt. Denn die Industrie will den "Videorecorder-Effekt" vermeiden. Offensichtlich waren die Fehltritte bei Computer-Benutzeroberflächen Lehre genug. Und so wird schon während der Entwicklung von Robotern an der Schnittstelle zwischen Mensch und mechanischem Sklave gefeilt. "Personal Service Robots" sind derzeit aber nicht mehr als eine simple PR-Strategie, um Gelder zu aquirieren. Fiction in Science.


Interviewpartner:

Tom Martin vom Forschungszentrum Karlsruhe.
Peter Kopacek vom Institut für Handhabungsgeräte und Robotik an der TU Wien.


weitere infos:

Human-Robot and Human-Computer Interaction
Mobile ROBOTS Archive
Robotics at Brown University
Robotics-Related Web Servers
Robotics resources on the WWW
some images of robots


sonntag, 1. oktober 1995, erstellt von matrix